HörensWert – Der Podcast rund um deine Ausbildung.
Timo: Hallo, ich bins Timo.
In der heutigen Folge geht es um das Thema Lernen in der Praxis.
Während deiner Ausbildung lernst du in der Schule viele theoretische Dinge, die du irgendwann in der Praxis umsetzen musst. Dank der Praxisanleitung bekommst du die meisten Handgriffe direkt im Arbeitsalltag gezeigt. Es kann aber auch vorkommen, dass die Situation es erfordert und du ins kalte Wasser geworfen wirst: Das heißt du musst etwas zum ersten Mal tun und das auch noch alleine! Außerdem geht es ja darum, dass du Stück für Stück eigenständig wirst und deinen Arbeitsalltag eigenständig meisterst.
Somit geht es also heute um die Frage: Wie lerne ich in der Praxis?
Heute habe ich Florian zu Gast. Er ist Pflegeschüler im zweiten Ausbildungsjahr und spricht heute mit uns über das Thema. Herzlich willkommen!
Florian: Hallo, ich freue mich hier zu sein. Vielen Dank.
Timo: Als Schüler ist man während der Ausbildung in vielen verschiedenen Fachbereichen bzw. auf verschiedenen Stationen eingesetzt. Ein großer Schwerpunkt in der Ausbildung ist das praktische Lernen. Dabei werdet ihr in den Ausbildungseinrichtungen von Praxisanleitern oder Praxisanleiterinnen unterstützt. Wie sieht das in deinem Ausbildungsalltag aus?
Florian: In meinem Arbeitsalltag sieht es so aus, dass wir Praxisanleiter haben auf unterschiedlichen Stationen. Je nach Fachgebiet haben wir einen Praxisanleiter, der einen anderen Schwerpunkt setzt. So wird gewährleistet, dass wir immer einen Praxisanleiter haben, der spezifisch in seinem Fachgebiet ist. Ein Experte im Prinzip. Innerhalb eines Einsatzes haben wir ein gewisses Zeitkontingent. Das liegt bei uns bei zehn Prozent an Stunden, die wir unbedingt mit unserem Praxisanleiter zusammenarbeiten. Das heißt der Praxisanleiter und ich setzten uns zusammen, sprechen theoretische Inhalte bei einem spezifischen Krankheitsbild durch, schauen uns die Anatomie an, die Physiologie, wie geht es dem Patienten und stellen uns nochmal gegenseitig den Patienten vor und führen dann unter Aufsicht eine Durchführung der Behandlungswege und Grundpflege aus. So schaut bei uns eine Praxisanleitungssituation aus.
Timo: Das klingt sehr strukturiert. Wir wissen ja, dass es im Stationsalltag sehr hektisch werden kann und häufig viel zu tun ist. Kommt da die Praxisanleitung in deinem Stationsalltag manchmal zu kurz?
Florian: Ja und Nein, es kommt auf die Situation an. Je nach Priorisierung der Dringlichkeit von Pflege und Behandlung von Patienten ist Anleitung möglich oder nicht. Normalerweise läuft der Dienst so ab, dass man sich mit dem Praxisanleiter zusammensetzt und vorab durchspricht wie schaut das aus, was möchte ich lernen, was möchte ich machen. Und dann guckt man, wie man das im Laufe des Dienstes realisieren kann. Und das ist natürlich auch davon abhängig, wie sich der Patient fühlt.
Timo: Da ist doch auch dann Spontanität gefragt?
Florian: In gewisser Weise ja. In der Pflege immer.
Timo: Im Stationsalltag kann es ja auch einmal vorkommen, dass du als Schüler eine Tätigkeit durchführen sollst, die du zum ersten Mal machst und niemand kann dich in dem Moment dabei unterstützen. Kannst du eine konkrete Situation beschreiben, wie du damit umgehst?
Florian: Ja, ich gebe ein Beispiel durch. Im war im ersten Lehrjahr zu dieser Zeit, ich hatte eine Erstmobilisation nach einer Knieoperation. Einen Jungen Mann, sportlich, 25 Jahre alt. Wir haben uns unterhalten, es ging darum, dass ich ihn gerne mobilisieren wollte, auf die Toilette. Das macht man, um gewisse neurologische Folgeschäden nach einer Narkose zu vermeiden. Der Patient meinte ja klar machen wir. Wir sind dann mit Unterarmgehstützen los zur Toilette und soweit war alles unauffällig. Wir haben das persönliche Befinden kontrolliert, er fühlte sich tip top. Und auch sonstige Anzeichen wie flackernde Augen oder Ohrenrauschen – alles unauffällig. Er war dann auf Toilette und da sackte er mir völlig ab. Dann hängt man erst mal da und es kommen verschiedene Ängste auf einen zu. Was ist, wenn ich das Knie beuge, besteht dann die Möglichkeit, dass er wieder neu operiert werden muss? Das möchte man niemandem zumuten. Da hängt man dann da und fragt sich wie gehe ich mit der Situation um? Im Vorfeld sollte man dann schon abklären, beziehungsweise das habe ich auch so gemacht, dass man den theoretischen Hintergrund versteht. Wie gehe ich jetzt in so einer Situation damit um? Das man zum Beispiel eine Notfallklingel griffbereit hat oder den Toilettenstuhl parat hat. Damit man im Falle des Falls, den Patienten zurück ins das Bett transferieren kann. Das sind so Ängste, die einen begleiten aber ich denke Aufklärung und Prävention ist besser als nachher dann dazustehen in so einer Notsituation und überfordert zu sein.
Timo: Das auf jeden Fall. Dein Beispiel zeigt also, dass du auch auf Situationen, die du noch nicht kennengelernt hast in gewisser Weise vorbereitet bist, zumindest soweit das in der Theorie möglich ist. Aber Wie lernst du am besten in der Praxis? Welche Vorbereitung oder Rahmenbedingungen braucht es dafür?
Florian: Am besten Learning by doing, das ist meine Maxime. Vorher sollte man sich, dadurch das wir unterschiedliche Hintergründe auf den Stationen haben, sei es chirurgisch oder internistisch, über die Krankheitsbilder Gedanken machen. Wie sind die Anatomie und Physiologie dahinter, wie ist der Abbau verschiedener Stoffwechselprodukte und wie funktionieren Medikamente? Solche Inhalte sollte man sich vorher angeschaut haben. Nicht, dass man direkt das Fachwissen besitzt, sondern rudimentäre Grundzüge. Wenn man erst mal die Physiologie versteht, kann man gezielt auf die Pathologie eingehen und dementsprechend reagieren. Das ist meine Art damit umzugehen. Letztendlich ist auch viel miteinander kommunizieren und sprechen. Je öfters man Situationen erlebt oder zuschaut und mit Praxisanleitern durchführt, desto besser läuft das von der Hand. So lerne ich in der Praxis.
Timo: Du sagst also es funktioniert gut, dass man mit der Praxisanleitung in die Situationen geht, es hilft aber auch unglaublich den theoretischen Hintergrund zu haben, weil man dann besser weiß, wie man mit Situationen umgeht und Learning by doing ist ein wichtiger Faktor für dich. Vielen Dank für deine Antwort.
Florian: Ich danke auch.
Das war HörensWert – der Podcast rund um deine Ausbildung im Rahmen von WERTGESCHÄTZT – einer Initiative von Betriebskrankenkassen.